Glyphosat-Zulassung - Pascal Arimont: „Das zeugt von Mangel an Verantwortungsbewusstsein“
Brüssel, 28.11.2017. Zu der gestern gefassten Entscheidung der EU-Mitgliedstaaten, das Herbizid Glyphosat für weitere fünf Jahre ohne endgültiges Auslaufen auf dem europäischen Markt zuzulassen, erklärt der ostbelgische EU-Abgeordnete Pascal Arimont (CSP-EVP): „Mir ist völlig unverständlich, wie die 18 zustimmenden Mitgliedstaaten den im Oktober verabschiedeten Einspruch des Europäischen Parlaments einfach ignorieren konnten. Darin sprach sich das Parlament für ein endgültiges Auslaufen der Zulassung von Glyphosat aus. Die Mitgliedstaaten lassen die Türe nun für eine weitere Zulassung nach 2022 offen. Das ist inakzeptabel. Die Entscheidung der Mitgliedstaaten verachtet zudem die Bedenken der mehr als 1,3 Millionen EU-Bürger, die in einer angenommenen Europäischen Bürgerinitiative ein Glyphosat-Verbot forderten. Bürgerbeteiligung? Von wegen“.
„Die erneute Glyphosat-Zulassung setzt sich darüber hinaus über das in den Europäischen Verträgen fest verankerte Vorsorgeprinzip hinweg. Allein schon die widersprüchlichen wissenschaftlichen Studien hinsichtlich der Krebserregung sollten zur Vorsorge mahnen, nicht zu sprechen von den ermittelten Gefahren für Landwirtschaft und Insektenwelt. Dies zeugt mehr von Ignoranz als von kollektivem Verantwortungsbewusstsein“, erklärt Arimont weiter.
„Die Chemieindustrie wird nun nicht dazu gezwungen, auf gesundheitsverträgliche Alternativen zu setzen. Schließlich ist Glyphosat der in der Landwirtschaft am häufigsten genutzte Herbizid-Wirkstoff – eben auch weil es effektiv und günstig zugleich ist. Den Landwirten muss für die Zukunft eine mögliche Palette an Alternativen an die Hand gegeben werden. Ein klares Enddatum hätte dazu beigetragen, Finanzierungen für Forschung und Innovationen in Bezug auf kosteneffiziente Lösungen im Bereich der Erzeugnisse zur Schädlingsbekämpfung deutlich zu steigern. Das wird ohne den nötigen Druck nun wohl ausbleiben“, befürchtet der ostbelgische Abgeordnete. „Eine weitere Duldung von Glyphosat birgt jetzt langfristig sogar die zusätzliche Gefahr, dass sich auch die glyphosatresistenten genmodifizierten Saatgüter von Monsanto in Europa etablieren können. Wollen wir das? Ich glaube nicht!“, so Arimont.
„Doch eine Hoffnung bleibt: Die neun Mitgliedstaaten, die sich gegen die Verlängerung ausgesprochen haben, – darunter auch Belgien – können die Nutzung von Glyphosat in ihrem Land verbieten. Dies ist in Anwendung der Richtlinie zur nachhaltigen Verwendung von Pestiziden unter Berufung auf das Vorsorgeprinzip möglich. Frankreich hat dies bereits angekündigt. Letztlich schadet die Entscheidung der Mitgliedstaaten nämlich wieder einmal nur der gesamten EU, die jetzt vorrangig verunglimpft wird, obwohl es allen Voran die 18 zustimmenden Mitgliedstaaten waren, die diese Verlängerung herbeigeführt haben“, so Arimont abschließend.
Hintergrund:
Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation WHO hatte Glyphosat 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft. Die EU-Kommission hatte dennoch vorgeschlagen, die Zulassung zu verlängern, da die Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und das federführende deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zu dem Schluss gekommen waren, dass das Mittel „wahrscheinlich nicht krebserregend“ sei. Die Entscheidung für die fünfjährige Verlängerung der Zulassung fiel gestern in dem so genannten „Berufungsausschuss“ der EU-Mitgliedsländer. Eine qualifizierte Mehrheit der EU-Länder – 18 von 28, die mindestens 65 Prozent der Bevölkerung repräsentieren – stimmte dort für die Verlängerung.